17.04.2023
Gesetzeskonforme Handlungsalternativen für die Bezahlung der
eingesetzten Mitarbeiter (m/w/d) bei Branchenzuschlägen
Grundsätzlich gilt die gesetzliche Gleichstellung des eingesetzten Mitarbeiters (m/w/d)
ab dem ersten Einsatztag bis zur maximalen Überlassungszeit. Gesetzlich ist zeitlich eine tarifliche Abweichung vom Equal Treatment für die ersten 9 Einsatzmonate erlaubt. Danach ist die gesetzliche Gleichstellung zwingend anzuwenden.
Das AÜG erlaub eine dauerhafte alternative Abweichung vom Equal Treatment, wenn für eine Branche ein Zuschlagtarifvertrag zwischen den Tarifpartnern vereinbart wurde. Ab dem 16. Monat darf keine gesetzliche, sondern nur eine tariflich vereinbarte Gleichstellung verwendet werden.
Siehe Gesetzestext AÜG § 8.4 Satz 2
"Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn 1.nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und 2. nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt."
Im Moment ist TARIFPLUS der einzige Tarifvertrag, der bei Branchenzuschlägen eine AÜG-konforme Regelung aufweist.
12.04.2023
Nachbetrachtung zum EU-Urteil zur deutschen Zeitarbeit
Am 15. Dezember 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil für die deutsche Zeitarbeit gefällt. Zu entscheiden hatte der EuGH über einige von dem Bundesarbeitsgericht (BAG) vorgelegte Fragen zur Auslegung der europäischen Zeitarbeitsrichtlinie und zur Vereinbarkeit des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) mit dem europäischen Recht. Im Kern ging es um vier Fragen:
- Ist das AÜG und der darin enthaltene Gleichbehandlungsgrundsatz mit der Möglichkeit der Abweichung hiervon durch einen Tarifvertrag der Zeitarbeit überhaupt europarechtskonform und damit wirksam?
- Muss das AÜG einem Zeitarbeitstarifvertag im Einzelnen vorschreiben, in welchem Maße dieser von dem Gleichbehandlungsgrundsatz abweichen darf?
- Darf ein Zeitarbeitstarifvertrag auch dann von dem gesetzlichen Gleichbehandlungsprinzip abweichen, wenn dieser nicht insgesamt dem Niveau der Arbeits- und Entgeltbedingungen entspricht, das bei dem jeweiligen Entleiher gilt?
- Sind diese Fragen unterschiedlich zu beantworten je nachdem, ob der Zeitarbeitnehmer befristet oder unbefristet beschäftigt ist?
Der EuGH hat entschieden, dass das AÜG europarechtskonform ist. Zugleich hat er den deutschen Arbeits-gerichten aber aufgegeben, die Zeitarbeitstarifverträge kritisch daraufhin zu überprüfen, ob diese in Summe mit dem Niveau der Arbeits- und Entgeltbedingungen der jeweiligen Kundenbranche vergleichbar sind. Dort wo dies im Einzelfall nicht so ist, gilt laut EuGH der Gleichbehandlungsgrundsatz statt der Tarifbedingungen.
Damit hat der EuGH die bestehenden Tarifverträge der Branche als korrekte Abweichung vom Gleichbehand-lungsgrundsatz anerkannt und eine Überprüfung im Einzelfall anheimgestellt. Damit wird die bisher bestehende „Richtigkeitsgewähr“ bei Tarifverträgen beendet.
Bei dem nunmehr vorzunehmenden Einzelfallvergleich ist laut EuGH auch zu berücksichtigen, dass Zeitarbeitnehmer (m/w/d), die unbefristet bei dem Personaldienstleister beschäftigt sind, auch zwischen ihren Kundeneinsätzen durch den jeweiligen Zeitarbeitstarifvertrag abgesichert sind und dessen Arbeits- und Entgeltbedingungen weiter erhalten. In diesem Fall dürfe der Zeitarbeitstarifvertrag – so der EuGH – durchaus in gewissen Grenzen hinter den Arbeits- und Entgeltbedingungen der jeweiligen Kundenbranche zurückbleiben. Zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen gehören Dauer der Arbeitszeit, Überstunden, Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Urlaub, arbeitsfreie Tage und das Arbeitsentgelt.
Das „weniger“ in Einsatzzeiten werde ggf. durch das „mehr“ in verleihfreien Zeiten ausgeglichen. Ob dies jeweils ausreichend ist, ist im Einzelfall anhand eines Gesamtvergleichs zwischen den Arbeits- und Entgeltbedingungen des jeweiligen Zeitarbeitstarifvertrages einerseits und derjenigen des Kunden andererseits zu bestimmen.
Im Hinblick auf befristet beschäftigte Zeitarbeitnehmer (ist eigentlich bei Abweichung vom Gleichheitsprinzip laut EU-Richtlinie nicht erlaubt) ist der EuGH indes deutlich strenger: Hier müsse in dem Zeitarbeitstarifvertrag selbst jedes „weniger“ gegenüber den Arbeits- und Entgeltbedingungen des Kunden durch ein „mehr“ ausgeglichen werden; weniger Lohn also bspw. durch mehr Urlaub. Da dies nicht der Fall ist, können durch einen Zeitarbeitstarifvertrag jedenfalls für einen befristet beschäftigten Zeitarbeitnehmer nicht von dem gesetzlichen Gleichbehandlungsgrundsatz abgewichen werden (dies ist in dem von mir betreuten Tarifplus -Tarifvertrag schon längst realisiert).
Unmittelbare Folgen entstehen durch dieses EuGH-Urteil noch nicht. Zunächst ist das Bundesarbeitsgericht aufge-fordert, diese Vorgaben für den dort vorliegenden Einzelfall in die deutsche Gesetzes- und Zeitarbeitssystematik zu übersetzen.
27.03.2023
Die Tarifkommission der IG Metall startet den Reparaturbetrieb in Sachen Inflationsausgleichsprämie
Im letzten M+E Tarifabschluss hatten die Verhandler der IG Metall vergessen, die Inflationsausgleichsprämie IAP auch für die in dem Bereich beschäftigten Zeitarbeitnehmer zu vereinbaren. Offensichtlich wurde die sonst gängige Gewerkschaftsforderung "gleiches Geld für gleiche Arbeit" vergessen.
Am 8. März hat die Tarifkommission der IG Metall für die Leiharbeit die Kündigung ihrer speziellen Tarifverträge über Branchenzuschläge (BAP und IGZ) in der Metallindustrie beschlossen und als Forderung an die Metallarbeitgeber eine IAP von 3000 Euro aufgestellt.
Die Zeitarbeitsverbände verweigern bisher die Zahlung einer IAP, da nicht sicher ist, ob die Finanzierung durch den Entleiher gesichert ist. Ohne eine Finanzierung durch die Entleiher ist eine IAP für viele Unternehmen nicht finanzierbar.
Auch die Metallarbeitgeber blocken weitere Verhandlungen.
In der Stahlindustrie wurde vereinbart, dass die Betriebsräte die Höhe der IAP vereinbaren und dabei auch die extern Beschäftigten nicht vergessen
13.03.2023
Gleichstellung in der Arbeitnehmerüberlassung bei Branchenzuschlägen
Vom „sowohl als auch“ zum „entweder oder“ - Prinzip
Mit Aufhebung der Richtigkeitsgewähr können Aufsichtsbehörden und Gerichte die Vermischung von gesetzlichem und tariflichen Equal Pay bei TBZ als nicht gesetzeskonform ansehen. Gerichte könnten bei einer Beschäftigung ab dem 16. Monat mit gesetzlichem Equal Pay entscheiden, dass keine gesetzeskonforme Anwendung durch das Zeitarbeits-unternehmen erfolgt ist und somit Equal Pay vom ersten Einsatztag zu zahlen ist
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07.03.2023
Inflationsausgleichsprämie in der Zeitarbeit?
Im Stahlbereich haben die Tarifpartner IG Metall und die Stahlarbeitgeber vereinbart, dass neben den Stammbeschäftigten auch die eingesetzten Zeitarbeitsbeschäftigten vom Entleiher die gleiche Inflationsausgleichsprämie bekommen.
Im Tarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie (M+E) haben die Metallarbeitgeber und die IG Metall die eingesetzten Zeitarbeitsbeschäftigten von der Prämie ausgeschlossen, obwohl viele Personen aus der Zeitarbeit einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der Wertschöpfung dieser Industrie hatten und haben. Das zeugt von keiner großen Wertschätzung.
Nun sollen die Zeitarbeitgeber eine Inflationsausgleichsprämie für die eingesetzten Personen bezahlen. Das soll über die Branchenzuschläge M+E und eventuell auch bei anderen Branchen geschehen. Hierzu wurden BZ von BAP und IGZ zu Mitte des Jahres 2023 gekündigt.
Dass Zeitarbeit als Reparaturbetrieb für die Versäumnisse im M+E Bereich jetzt herhalten muss, ist für mich unfassbar!
22.02.2023
Tarifabschluss beim Tarifplus -Tarifvertrag getätigt. Tarif gilt ab dem 01.04.2023
Am gestrigen Tage wurde nach längeren Verhandlungen ein Tarifabschluss getätigt. Die Entgeltstruktur im "Helfersektor" wurde geändert. Da die Lohngruppe A ( = EG 1 bei den Verbänden) in der Praxis nicht wirklich vor kommt, sind die Tarifpartner übereingekommen, dass die unterste Lohngruppe zukünftig entfällt. Es wurde eine neue Unterteilung der Gruppe B vorgenommen. Somit wurden die zum 01.10.2022 verhandelten Tarife der neuen Situation angepasst.
Hier das Verhandlungsergebnis:
12. Oktober 2022
Erster bundesweit gültiger Tarifvertrag für intern Beschäftigte der Zeitarbeit
Die Tarifgemeinschaft TQZ unter der Leitung von Norbert Fuhrmann hat den ersten bundesweit gültigen Tarifvertrag für intern Beschäftigte abgeschlossen. Der Tarifvertrag entfaltet seine Wirkung ab dem 01.01.2023.
Zum Tarifvertrag: https://t1p.de/jsa2v
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22. August 2022
Ab 01.10.2022 mehr Geld für Auszubildende in der Zeitarbeit.
Seit 2017 gibt es einen von der Tarifgemeinschaft TQZ initierten Tarifvertrag für Azubis in der Zeitarbeit. Die Zeiten der nicht bindenden „Empfehlungen“ wurden damit beendet, ein einheitlicher Standard für die Anwender der TQZ- Tarifanwender geschaffen. Ab dem 01.10.2022 gelten folgende monatlichen Vergütungen:
Im 1. Ausbildungsjahr 970,00 €.
Im 2. Ausbildungsjahr 1.030,00 €.
Im 3. Ausbildungsjahr 1.130,00 €
Im 4. Ausbildungsjahr 1.180,00 €.
Details zum Tarifvertrag